Solaroffensive: Kanton muss jetzt handeln

Vorstossart: Motion

Eingereicht von: Grüne (Kohler, Meiringen) (Sprecher/in)

Der Regierungsrat sorgt dafür, dass bis 2035 alle geeigneten kantonseigenen Dach-, Fassaden- und
Infrastrukturflächen für die Photovoltaik genutzt werden.

Begründung:

In seiner Antwort auf die Motion 301-2019 «PV-Anlagen auf bestehenden Infrastrukturen möglich machen» erklärt der Regierungsrat, dass er geeignete kantonale Infrastrukturen interessierten Investoren
für PV-Anlagen zugänglich machen will. Er hat aber doch eine gewisse Zurückhaltung in der Zusammenarbeit mit Investoren angedeutet, weil er fürchtet, dass rechtliche Klärungen und administrativer
Aufwand notwendig werden. Das lässt nicht auf eine rasche Umsetzung dieser Forderung hoffen, weshalb es einen klaren Zeitplan braucht. Für die Energiewende sind insbesondere grosse Produktionsanlagen unabdingbar. Nur auf den eigenen Flächen hat der Kanton die Möglichkeit, den Bau direkt und rasch
zu ermöglichen. Sinnvoll ist, wenn die Flächen denjenigen angeboten werden, die am meisten Energie
produzieren werden und Anlagen sofort umsetzen können. Entsprechend kann der Kanton solche geeigneten Flächen selber nutzen oder ausschreiben. So sucht beispielsweise die Berner CrowdfundingInitiative Sunraising, die sich einer sehr hohen Nachfrage erfreut, intensiv nach geeigneten Flächen für
ihre Investitionen. Solchen Anbietern kann mit entsprechenden Massnahmen der Weg rasch geebnet
und der Zubau beschleunigt werden, damit sich das Ziel einer Zweitnutzung für Photovoltaik auf kantonalen Infrastrukturen bis 2035 umsetzen lässt. Damit kann der Kanton dazu beitragen, die Richtwerte für
den Ausbau bis 2035 in der Energiestrategie 2050 zu erreichen.

Antwort des Regierungsrates

Bei der vorliegenden Motion handelt es sich um eine Motion im abschliessenden Zuständigkeitsbereich
des Regierungsrates (Richtlinienmotion). Der Regierungsrat hat bei Richtlinienmotionen einen relativ
grossen Spielraum hinsichtlich des Grades der Zielerreichung, der einzusetzenden Mittel und der weiteren Modalitäten bei der Erfüllung des Auftrages. Die Entscheidverantwortung bleibt beim Regierungsrat.
Die vorliegende Motion nimmt Bezug auf Motion 301-2019, die vom Regierungsrat beantwortet und vom
Grossen Rat im Juni 2020 angenommen worden ist. In seiner Antwort hat der Regierungsrat festgehalten, dass er u.a. aus Gründen der administrativen Effizienz und der Rechtssicherheit primär die Strategie
verfolgt, an geeigneten Infrastrukturen selbst PV-Anlagen zu erstellen und zu betreiben. Konkrete Projektvorschläge von interessierten Investoren will der Regierungsrat aber weiterhin wohlwollend prüfen.
Der Regierungsrat teilt das Anliegen der Motionäre, deshalb will er die Nutzung geeigneter kantonseigener Dach- Fassaden- und Infrastrukturflächen für die Photovoltaik vorantreiben. Der in der Motion verlangten Bestückung von geeigneten, kantonalen Flächen an kantonalen Infrastrukturen und Gebäuden
bis 2035 stimmt der Regierungsrat deshalb als Zielvorgabe zu.
Dabei ist zu beachten, dass sich die Eignung einer Fläche aufgrund der Orientierung (Besonnung/
Schatten), der Grösse (Kosten/Nutzen der Investition) und der Entwicklung (geplante Sanierung/Verkauf/Nutzung) der Gebäude bestimmt. Allfällige Strominfrastrukturkosten (z.B. Leitungen für die Netzeinspeisung) müssen ebenfalls berücksichtigt werden.
Bei allen Neu- und Umbauten an Dächern und Fassaden ist der Kanton gemäss KEnG Art. 52, Abs. 2
dazu verpflichtet, diese mit Anlagen zur Nutzung der Sonnenenergie auszustatten soweit die Wirtschaftlichkeit nachgewiesen ist. Seit 2013 wurden über 50 neue, kantonseigene PV-Anlagen realisiert. Weitere
sind bereits geplant oder stehen vor der Realisierung. Im Sommer 2020 wurde zum Beispiel eine grössere Photovoltaikanlage (ca. 550 m2/100 kWp) auf der denkmalgeschützten Mannschaftskaserne an der
Papiermühlestrasse in Bern in Betrieb genommen.
Bei Neubauten bestehen heute bezüglich Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit der Anlagen gefestigte Erfahrungen. Demgegenüber sind Anlagen z.B. im Strassenumfeld noch mit vielen Unwägbarkeiten verbunden. Neben der Wirtschaftlichkeit der Solaranlage im konkreten Umfeld müssen auch deren Auswirkungen auf die Infrastruktur, deren Sanierung, Unterhalt usw. in die Gesamtrechnung einbezogen werden. Aus diesem Grund unterstützt das ASTRA ein entsprechendes Forschungsprojekt in Österreich.1
Die Anzahl der Photovoltaikanlagen an kantonalen Gebäuden konnte hingegen in den letzten Jahren
bedeutend gesteigert werden. Mit der Steigerungsrate der letzten Jahre kann davon ausgegangen werden, dass die in der Motion geforderte Nutzung geeigneter Flächen bis ins 2035 erreicht werden kann.
Vorbehalten bleibt dabei – besonders in der aktuell schwierigen Zeit – die Verfügbarkeit der notwendigen
finanziellen Mittel. Angesichts der äusserst angespannten Haushaltlage in Folge der Corona-Krise ist
allenfalls auch in diesem Bereich mit Sparmassnahmen zu rechnen, was die Zielerreichung bis 2035 in
Frage stellen könnte. Das Monitoring über die kantonseigenen Photovoltaikanlagen ist aufgebaut.
Damit setzt der Kanton gemäss seinen Möglichkeiten auf eine Vielzahl kleinerer Anlagen statt wie in der
Motion angesprochen auf grosse Produktionsanlagen. Die Zielwerte können so direkter und rascher erreicht werden, da sich bei grossen Anlagen oft Widerstand formiert.
Der Kanton hat ein politisches und gesellschaftliches Interesse daran, die Richtwerte für den Ausbau
2035 in der Energiestrategie 2050 zu erreichen. Der Regierungsrat nimmt die Motion deshalb an.

Beschluss: Annahme (103 Ja, 32 Nein, 4 Enthaltungen)